Elena Brandenburg

Karl der Große im Norden

Rezeption französischer Heldenepik in den altostnordischen Handschriften
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Auf dem literarischen Wege erreichte Karl der Große auch den Norden Europas: In kompilierter Form liegen Übersetzungen seiner Taten nicht nur in Norwegen, sondern auch in Schweden und Dänemark vor. Der Band untersucht den Transfer der französischen Karlsdichtung in den ostnordischen Kulturraum. Die Grundlage bilden fünf mittelalterliche Handschriften, deren Zusammensetzung eine wichtige Rolle für das Verständnis der Karl-Texte spielen. Zielgruppe sind Forschende und Studierende der Skandinavistik sowie HistorikerInnen, die an der nordeuropäischen Rezeption der Karlsdichtung interessiert sind.
Karl der Große gehört zu den dynamischsten Gestalten des europäischen Mittelalters. Die altfranzösische Karlsdichtung wurde dabei in kompilierter Form auch im Norden rezipiert: Als Karlamagnús saga liegt sie im Altwestnordischen vor, als Karl Magnus im Altschwedischen und Karl Magnus Krønike im Altdänischen. Durch Kontextualisierung der Karlsdichtung in den fünf überlieferten ostnordischen Handschriften aus dem 15. Jahrhundert werden intertextuelle Bezüge sichtbar, die zur Klärung der Frage beitragen, warum Karl der Große im Norden mal als aristokratischer Held, mal als Heiliger rezipiert wurde. Neben der philologischen Lektüre der altschwedischen, altdänischen und altfranzösischen Texte tragen vor allem kulturwissenschaftliche Ansätze aus dem Feld der Memory Studies, Gender Studies sowie der Alteritätsforschung dazu bei, den Transfer der scheinbar stabilen Konzepte wie Identitäten, Geschlecht und Alterität in der mittelalterlichen Literatur des Nordens nachzuvollziehen.

Inhalt:
1. Einleitung
1.1. Textkorpus
1.2. Begriffe: chansons de geste, riddarasögur
1.3. Forschungshistorische Kontextualisierung

2. Theoretische Prämissen
2.1. New Philology
2.2. Translation Studies – Übersetzen im Mittelalter
2.3. Polysystemtheorie
2.4. Kulturtransfer
2.5. Zusammenfassung der Vorgehensweise

3. Historischer Kontext
3.1. Norwegen und norwegischer Hof
3.2. Karl Magnus und Schweden im 15. Jahrhundert
3.3. Universitas nobilium, regimen regale und regimen politicum während der Kalmarer Union
3.4. Die schwedische Elite und ihre Codices
3.5. Karl Magnus Krønike und das Børglum-Kloster
3.6. Historia de profectione Danorum in Hierosolymam

4. Kontextstudien – Kontextualisierungen im Codex
4.1. Cod. Holm. D4
4.2. Cod. Holm. D4a (Fru Märtas bok, Codex Verelianus)
4.3. Cod. Holm. D3 (Fru Elins bok)
4.4. AM 191 fol. (Codex Askabyensis)
4.5. Fazit: Schwedische Sammelhandschriften
4.6. Altdänische Karlsdichtung: Cod. Holm. Vu
4.7. Zusammenfassung

5. Text- und Funktionsanalysen
5.1. Struktur der Karlsdichtung: Kompilation und Zyklisierung
5.2. Struktur der Karl Magnus Krønike
5.3. Auf der Suche nach Aude und Bramimonde – Gendering Genre

6. Narrative Konstruktionen der Alterität
6.1. Alterität in der Chanson de Roland
6.2. Der Orient-Diskurs in Voyage de Charlemagne à Jerusalem et à Constantinople
6.3. Alterität in der altschwedischen Roncesvalles-Episode
6.4. Alterität in Karl Magnus Krønike
6.5. Raum- und Orient-Diskurse in der altschwedischen Übertragung des Voyage
6.6. Exkurs: Weitere Aspekte der Alteritätsdarstellungen in den altschwedischen Handschriften

7. Narrative Heldenkonstruktionen
7.1. Der (un-)dänische Held Holger Danske: literarische Quellen
7.2. Karl der Große – rex iustus oder heiliger Sündiger?
7.3. Zusammenfassung: epische Helden, heroische Epen

8. Karlsdichtung in den altostnordischen Handschriften
8.1. Genre- und Diskurstransfer
8.2. Karlsdichtung im altostnordischen Polysystem
8.3. Ausblick


Autor:inneninformation:
Elena Brandenburg ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Skandinavistik/Fennistik (ISF) der Universität zu Köln. Zu ihren Forschungsgebieten gehört die Literatur des nordischen Mittelalters, insbesondere höfische Literatur Schwedens und Dänemarks. Neben der Altnordistik unterrichtet sie Literatur- und Kulturwissenschaft.
Mehr Informationen
ISBN 978-3-7720-8680-9
EAN 9783772086809
Bibliographie 1. Auflage
Seiten 238
Format kartoniert
Höhe 240
Breite 170
Ausgabename 38680-1
Auflagenname -11
Autor:in Elena Brandenburg
Erscheinungsdatum 25.11.2019
Lieferzeit 2-4 Tage

„Elena Brandenburg gelingt es somit eindrücklich, zu demonstrieren, dass auch Texte, die man hinsichtlich ihres Verhältnisses zu den Vorlagen als epigonal bezeichnen kann, in kulturgeschichtlicher und komparatistischer Sicht einen erheblichen Erkenntniswert besitzen. Darüber hinaus erlaubt die Untersuchung, das Innovationspotential ostnordischer Schreibwerkstätten besser einzuschätzen.“

European Journal of Scandinavian Studies / 15.07.20

„Brandenburg leistet mit ihrer klug argumentierenden und jederzeit gut lesbaren, sich stets auf aktuelle kulturwissenschaftliche Theorien und Methoden stützenden, luziden Studie einen wichtigen Beitrag zur Rezeption der französischen Heldenepik im spätmittelalterlichen Dänemark und Schweden. Die Untersuchung bietet einiges Potential, um zukünftigen interdisziplinären Untersuchungen auf dem Gebiet der europäischen Chanson de geste-Rezeption das Feld zu bereiten.“

Das Mittelalter 26(2) 2021 / 14.08.20