Peter V. Zima
Die Kritische Theorie zwischen Spätmoderne und Postmoderne: Nostalgie als Kritik
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Dieser Band stellt die Kritische Theorie der Frankfurter Schule in einzelnen Kapiteln zu Walter Benjamin, Theodor W. Adorno, Max Horkheimer, Herbert Marcuse und Jürgen Habermas im Spannungsfeld zwischen Moderne und Postmoderne dar. Es wird gezeigt, dass der wichtigste Bezugspunkt dieser Autoren der Individualismus der liberalen Ära ist. Diesen Bezugspunkt geben Vertreter der Postmoderne wie Bauman, Baudrillard, Lyotard und Maffesoli auf. Trotz der Ausrichtung ihres Denkens auf Emanzipation und Befreiung steht der Verlust liberaler und individualistischer Wertsetzungen oft im Mittelpunkt der Kritischen Theorie. So ist Adornos Satz zu verstehen: „Maß des neuen Schlechten ist einzig das Frühere“.
Ausgehend von der Überlegung, dass die wichtigsten Vertreter der Kritischen Theorie (W. Benjamin, Th. W. Adorno, M. Horkheimer, H. Marcuse und J. Habermas) der sog. Frankfurter Schule im Bildungsbürgertum der liberalen Ära aufgewachsen sind, wird gezeigt, dass ihre Gesellschaftskritik von den Prämissen und Wertungen des liberalen Individualismus ausgeht. In diesem Kontext ist die Ambivalenz ihrer Kritik sowie Adornos und Horkheimers Satz aus der Dialektik der Aufklärung zu verstehen: „Nicht um der Konservierung der Vergangenheit, sondern um der Einlösung der vergangenen Hoffnungen ist es zu tun.“ Der nostalgische Ton, der in diesem Satz anklingt, durchzieht nahezu alle Werke der Frankfurter Philosophen. Obwohl postmoderne Autoren wie Z. Bauman, J.-F. Lyotard, M. Maffesoli und J. Baudrillard in mancher Hinsicht an die Kritische Theorie anknüpfen, verabschieden sie die aus dem liberalen Individualismus stammenden Wertsetzungen.
Inhalt:
Einleitung: Janushafte Kritik zwischen Fortschritt und Nostalgie
1. Standorte der Kritik
2. Fortschritt und Nostalgie in Philosophie und Soziologie: „Die Furie des Verschwindens“
3. Die Kritische Theorie zwischen Spätmoderne und Postmoderne
I. Spätmoderne Fortschrittsskepsis als Aufwertung der Vergangenheit: Kritische Theorie im soziologischen Kontext (Tönnies, Simmel, Weber)
1. Der Verlust der Gemeinschaft bei Ferdinand Tönnies
2. Das Individuum zwischen Befreiung und Zerfall: Georg Simmel und die Kritische Theorie
3. Liberalismus, Rationalisierung und Individualisierung: Max Weber und die Kritische Theorie
4. Fortschritt der Zivilisation als „Rebarbarisierung“: Von Alfred Weber zu Herbert Marcuse
5. Von der spätmodernen zur postmodernen Problematik
II. Von Walter Benjamin zu Zygmunt Bauman und Guy Debord: Revolution zwischen spätmodernem Rettungsversuch und postmoderner Verwerfung
1. Zwischen Fortschrittskepsis und revolutionärem Charisma: Von Walter Benjamin zu Max Weber
2. „Kultwert“ und „Ausstellungswert“ I: Vom Bildungsbürgertum zum Proletariat (Benjamin und Brecht)
3. „Kultwert“ und „Ausstellungswert“ II: Adornos Kritik als Übergang zur Postmoderne
4. Die Vermarktung von Revolution und „Ausstellungswert“ in der Postmoderne: Von Benjamin zu Zygmunt Bauman und Guy Debord
5. „Ohne Alternative“: Baumans Kritik des Marxismus als Kritik der Moderne
III. Von Theodor W. Adorno zu Michel Foucault und Jean-François Lyotard: Der Niedergang von individueller Subjektivität und Autonomie
1. Adornos ambivalente Einstellung zum liberalen Individualismus: Die Schwächung des Subjekts
2. Naturbeherrschung und Selbstunterwerfung des Subjekts: Von Adorno zu Foucault
3. Die Negativität der Kunst als Stärkung und Negation des Subjekts: Valéry und Beckett
4. Das Erhabene als Negation des Subjekts in der Postmoderne: Von Adorno zu Lyotard
5. Die Negation des Subjekts als „Grab des Intellektuellen“
IV. Von Max Horkheimer zu Gilles Lipovetsky und Michel Maffesoli: Der Verlust der liberalen Individualität
1. Liberalismus und Individualismus: Nostalgie, Kritik und Tragik
2. Kritik des Hegelianismus und Marxismus als Kritik der Immanenz
3. Fluchtpunkt Schopenhauer
4. Die Metamorphose des Subjekts durch die Instrumentalisierung der Vernunft
5. Übergang zur Postmoderne I: Gilles Lipovetskys „L’Ere du vide“ und die Instrumentalisierung des Körpers
6. Übergang zur Postmoderne II: Michel Maffesolis Soziologie der „Stämme“ oder die Verabschiedung der individuellen Autonomie
V. Von Herbert Marcuse zu Michel Maffesoli und Jean Baudrillard: Der Verlust der individuellen Autonomie und der „zweiten Dimension“ Marcuse und Maffesoli oder die Abkehr vom prometheischen
1. Prinzip: Dionysos und Eros, Orpheus und Narziss
2. Marcuses liberales Erbe: Sein Festhalten an individueller Autonomie und Vernunft
3. Zwischen marxistischer Immanenz und einer Flucht ins Ästhetische: Die Suche nach dem verlorenen Subjekt
4. Gegen Eindimensionalität: Die Suche nach dem „Wahrheitswert“
5. Baudrillards postmoderne Replik: Das Verschwinden des Gebrauchswerts, der Politik und der Kunst
6. Verwindung? (Epilog)
VI. Von Jürgen Habermas zu Zygmunt Bauman und Jean-François Lyotard: Der Zerfall von Homogenität und Konsens in der Postmoderne
1. Das liberal-individualistische Erbe bei Habermas und der Übergang zur Massengesellschaft
2. Das Postulat einer homogenen Lebenswelt als Erbe des liberalen Individualismus
3. „Lebenswelt“, „ideale Sprechsituation“ und „Diskurs“
4. Postmodernes Plädoyer für Vielfalt I: Zygmunt Bauman
5. Postmodernes Plädoyer für Vielfalt II: Jean-François Lyotard
6. Von der Postmoderne lernen: Dialogizität in der Heterogenität
VII. Kritische Theorie in der Postmoderne: Was ging verloren, was bleibt? (Ausblick)
1. Abschied vom Marxismus als Klassenkampftheorie
2. Kapitalismus-Kritik, „authentischer Sozialismus“ und Naturbeherrschung
3. Das kritische Individuum als Erbe des Liberalismus
4. Europa: Vielsprachigkeit, Dialog und eine neue Immanenz
5. Dialogizität: Schlussbetrachtung
Bibliografie
Register
Autor:inneninformation:
Prof. emeritus Dr. Peter V. Zima lehrte Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt. Er ist seit 1998 korr. Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien, seit 2010 Mitglied der Academia Europaea in London und seit 2014 Honorarprofessor der East China Normal University in Schanghai.
Inhalt:
Einleitung: Janushafte Kritik zwischen Fortschritt und Nostalgie
1. Standorte der Kritik
2. Fortschritt und Nostalgie in Philosophie und Soziologie: „Die Furie des Verschwindens“
3. Die Kritische Theorie zwischen Spätmoderne und Postmoderne
I. Spätmoderne Fortschrittsskepsis als Aufwertung der Vergangenheit: Kritische Theorie im soziologischen Kontext (Tönnies, Simmel, Weber)
1. Der Verlust der Gemeinschaft bei Ferdinand Tönnies
2. Das Individuum zwischen Befreiung und Zerfall: Georg Simmel und die Kritische Theorie
3. Liberalismus, Rationalisierung und Individualisierung: Max Weber und die Kritische Theorie
4. Fortschritt der Zivilisation als „Rebarbarisierung“: Von Alfred Weber zu Herbert Marcuse
5. Von der spätmodernen zur postmodernen Problematik
II. Von Walter Benjamin zu Zygmunt Bauman und Guy Debord: Revolution zwischen spätmodernem Rettungsversuch und postmoderner Verwerfung
1. Zwischen Fortschrittskepsis und revolutionärem Charisma: Von Walter Benjamin zu Max Weber
2. „Kultwert“ und „Ausstellungswert“ I: Vom Bildungsbürgertum zum Proletariat (Benjamin und Brecht)
3. „Kultwert“ und „Ausstellungswert“ II: Adornos Kritik als Übergang zur Postmoderne
4. Die Vermarktung von Revolution und „Ausstellungswert“ in der Postmoderne: Von Benjamin zu Zygmunt Bauman und Guy Debord
5. „Ohne Alternative“: Baumans Kritik des Marxismus als Kritik der Moderne
III. Von Theodor W. Adorno zu Michel Foucault und Jean-François Lyotard: Der Niedergang von individueller Subjektivität und Autonomie
1. Adornos ambivalente Einstellung zum liberalen Individualismus: Die Schwächung des Subjekts
2. Naturbeherrschung und Selbstunterwerfung des Subjekts: Von Adorno zu Foucault
3. Die Negativität der Kunst als Stärkung und Negation des Subjekts: Valéry und Beckett
4. Das Erhabene als Negation des Subjekts in der Postmoderne: Von Adorno zu Lyotard
5. Die Negation des Subjekts als „Grab des Intellektuellen“
IV. Von Max Horkheimer zu Gilles Lipovetsky und Michel Maffesoli: Der Verlust der liberalen Individualität
1. Liberalismus und Individualismus: Nostalgie, Kritik und Tragik
2. Kritik des Hegelianismus und Marxismus als Kritik der Immanenz
3. Fluchtpunkt Schopenhauer
4. Die Metamorphose des Subjekts durch die Instrumentalisierung der Vernunft
5. Übergang zur Postmoderne I: Gilles Lipovetskys „L’Ere du vide“ und die Instrumentalisierung des Körpers
6. Übergang zur Postmoderne II: Michel Maffesolis Soziologie der „Stämme“ oder die Verabschiedung der individuellen Autonomie
V. Von Herbert Marcuse zu Michel Maffesoli und Jean Baudrillard: Der Verlust der individuellen Autonomie und der „zweiten Dimension“ Marcuse und Maffesoli oder die Abkehr vom prometheischen
1. Prinzip: Dionysos und Eros, Orpheus und Narziss
2. Marcuses liberales Erbe: Sein Festhalten an individueller Autonomie und Vernunft
3. Zwischen marxistischer Immanenz und einer Flucht ins Ästhetische: Die Suche nach dem verlorenen Subjekt
4. Gegen Eindimensionalität: Die Suche nach dem „Wahrheitswert“
5. Baudrillards postmoderne Replik: Das Verschwinden des Gebrauchswerts, der Politik und der Kunst
6. Verwindung? (Epilog)
VI. Von Jürgen Habermas zu Zygmunt Bauman und Jean-François Lyotard: Der Zerfall von Homogenität und Konsens in der Postmoderne
1. Das liberal-individualistische Erbe bei Habermas und der Übergang zur Massengesellschaft
2. Das Postulat einer homogenen Lebenswelt als Erbe des liberalen Individualismus
3. „Lebenswelt“, „ideale Sprechsituation“ und „Diskurs“
4. Postmodernes Plädoyer für Vielfalt I: Zygmunt Bauman
5. Postmodernes Plädoyer für Vielfalt II: Jean-François Lyotard
6. Von der Postmoderne lernen: Dialogizität in der Heterogenität
VII. Kritische Theorie in der Postmoderne: Was ging verloren, was bleibt? (Ausblick)
1. Abschied vom Marxismus als Klassenkampftheorie
2. Kapitalismus-Kritik, „authentischer Sozialismus“ und Naturbeherrschung
3. Das kritische Individuum als Erbe des Liberalismus
4. Europa: Vielsprachigkeit, Dialog und eine neue Immanenz
5. Dialogizität: Schlussbetrachtung
Bibliografie
Register
Autor:inneninformation:
Prof. emeritus Dr. Peter V. Zima lehrte Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt. Er ist seit 1998 korr. Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien, seit 2010 Mitglied der Academia Europaea in London und seit 2014 Honorarprofessor der East China Normal University in Schanghai.
ISBN | 978-3-381-12701-6 |
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EAN | 9783381127016 |
Bibliographie | 1. Auflage |
Seiten | 300 |
Format | kartoniert |
Ausgabename | 1270-1 |
Auflagenname | -11 |
Autor:in | Peter V. Zima |
Erscheinungsdatum | 14.10.2024 |
Lieferzeit | 2-4 Tage |
„Zimas Buch ist gut gegliedert, in seinen Argumenten (auch dank vieler Wiederholungen) gut nachvollziehbar.“
Widerspruch 11/2024 / 22.10.24